
Was ist neu?
Klingt abgegriffen, aber es ist ja auch wahr: Der Glaube ist zurück in Dortmund. Und damit hat die Ankunft eines Wolfsburger Predigers nur bedingt zu tun. Beim BVB herrscht mittlerweile eine wahrhafte Überzeugung, dass es in unserem Sonnensystem, sofern sich unsere Spezies nicht innerhalb der nächsten Monate selbst auslöschen sollte, doch nochmal einen anderen Deutschen Meister als den FC Bayern geben könnte. Anlass dazu gibt die so knapp verpasste Meisterschaft vor drei Monaten. Denn vielleicht, so sagte BVB-Trainer Edin Terzic, haben seine Spieler, hat der Verein und womöglich auch der Rest der Liga ein Stückweit den Bammel vor dem Begriff „Meisterschaft“ abgelegt. Schließlich hat am Ende nur ein einziges Törchen gefehlt. Ein Jürgen-Wegmann-Jahrhundert-Stochern, ein Tele-Santana-Abstauber, sogar ein Antony Modeste hätte gereicht, nein: ein gottverdammter Jan Derek Sørensen. Oh, sorry für die Wortwahl, Felix Nmecha! Jedenfalls: Wem nur ein mickriger Treffer von Jan Derek Sørensen gereicht hätte, um Deutscher Meister zu werden, der wird nicht einfach den Glauben verlieren. Zumal die Dortmunder Mannschaft heute besser ist als zu Sørensens Zeit Anfang der 2000er und sogar noch stärker ist als in der letztjährigen Saison. Zwar haben die Dortmunder ihren Jude Bellingham verloren und dafür die weit weniger charismatischen Felix Nmecha und Marcel Sabitzer geholt, doch dürfte vor allem letzterer Neuzugang dem Mannschaftsklima insgesamt zuträglicher sein. Nach allem, was man lesen kann, ist dem jungen Engländer nämlich zunehmend sein Charisma durchgegangen.
Was macht Hoffnung?
Mit Ramy Bensebaini, der Raphael Guerrerio ersetzt, konnte der BVB einen dritten Spieler holen, der über eine Menge Bundesliga-Erfahrung verfügt. Damit minimiert der BVB in seiner Transferpolitik ein Stückweit das Risiko. Der weitgehend unbekannte, aber teurere Iván Fresneda etwa, für den sich Kehl lange interessiert hat, wäre ein größeres Wagnis gewesen. Nmecha, Sabitzer und Bensebaini sind keine Spekulationsobjekte, alle haben ihr Können in der Liga schon unter Beweis gestellt. Vielmehr füllen die Spieler ein funktionierendes Gefüge auf und werden wohl nicht viel Anpassungszeit benötigen. Mit den Teenies Julien Duranville und Jamie Bynoe-Gittens, denen die Verantwortlichen den nächsten Satz zutrauen, kommen noch zwei gefühlte Neuzugänge hinzu. Sebastian Haller, der sich zum Ende der letztjährigen Saison mehr und mehr zum Trumpf im Dortmunder Spiel entwickelte, wird nach einer komplett absolvierten Sommervorbereitung nur so mit den Hufen scharen. Auch Donyell Malen wird an seine Raketenform aus der Rückrunde anknüpfen wollen. Edin Terzic muss demnach keine grundlegenden Veränderungen vornehmen, sondern, so wie er zuletzt immer wieder betonte, „dort weitermachen, wo wir letztes Jahr aufgehört haben“.
Was nicht?
Dort weiterzumachen, wo die Mannschaft letztes Jahr aufgehört hat, bedeutet für das anstehende Spiel gegen Köln: Es steht 2:2. Bayern ist Tabellenführer. Trainer Edin Terzic wird zwar nicht müde, zu betonen, dass die verpatzte Meisterschaft ein Teil des gemeinsamen Weges ist, dass die Spieler Kraft aus den traumatischen Erlebnissen ziehen sollen. Doch es gab schon Mannschaften, die an kleineren Rückschlägen zerbrochen sind. Ob die unbefleckten Neuzugänge dazu verhelfen können, wird sich zeigen. Die Foren und Kommentarspalten jedenfalls liefen heiß, als der BVB hintereinander Bensebaini, Nmecha und Sabitzer vorstellte. Bei den Fans zeichnete sich Skepsis ab. Zu sehr fühlten sie sich erinnert an das Transferfenster vor vier Jahren. Damals holte Michael Zorc Thorgan Hazard, Nico Schulz und Julian Brandt – und zog zwei Nieten. Die Befürchtung in Dortmund: Wer gute Bundesligaspieler wie Sabitzer, Bensebaini und Nmecha holt, der wird wahrscheinlich weit oben landen. Wer Harry Kane und Kim Min-jae kauft, eher ganz oben.
Mit dieser Skandal-Schlagzeile berichtet die BILD in vier Wochen über den Verein:
„Dortmund hat einen neuen Fußball-GOTT: Felix Nmecha gründet mannschaftsinternen Bibelkreis“: Der BVB-Neuzugang soll innerhalb der Mannschaft auf Mission sein. Er möchte seine Mitspieler bekehren. Dem Vernehmen nach hat der Prediger Marco Reus schon überzeugen können: Er glaube jetzt mehr denn je an die Schale, so Reus.
Das 11FREUNDE-Orakel:
Kürzlich tauchte ein Video auf, dort war ein kleiner Bayern-Fan zu sehen, der BVB-Boss Aki Watzke die Frage stellte, warum Borussia Dortmund denn nicht Meister werden will. Watzke, der das Spiel gegen Mainz offensichtlich noch nicht verdaut hatte, antwortete ihm: „Ich kann dich beruhigen: Irgendwann wirst du weinen und Bayern wird nicht Meister“. Was die Kameras nicht mehr festhielten, war, wie er dem Jungen Apfelsaft auf die Hose kippte und schrie: „HAHAHA Guckt mal: Der hat sich in die Hose gemacht!“ Mit einem Punkt hatte Watzke aber recht: Irgendwann wird Bayern mal nicht Meister. Dass der Junge dann weinen wird, ist eher unrealistisch, schließlich dürfte er zu diesem Zeitpunkt längst erwachsen sein. Dortmund wird auch dieses Jahr Zweiter.
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